Inselgedichte - meine Insel IBIZA

Vor fast einem halben Jahrhundert landeten Petra und ich auf dem Flugplatz, ach was heißt Flugplatz, ein Flugplätzchen hatte damals Ibiza. Ein uriges Café-Restaurant mit blühenden Bouganvillas und Palmen war praktisch die Empfangshalle und nur wenige Meter von der Landebahn entfernt.

Auf dieser Mittelmeerinsel wollten wir meine Eltern treffen, die aus Ostafrika kamen mit der Absicht, hier ein Grundstück für ihren Lebensabend zu suchen. Wir fanden es auch sehr bald. Eingebettet in einer Hügellandschaft mit Blick aufs Meer entdeckten wir ein uraltes Bauernhaus, allerdings schon seit hundert Jahren verwaist, mit teils offenen Dächern und zusammengefallenen Mauern. Das veranlasste die Verwandten und Freunde dazu, uns als völlig durchgeknallt und mit Tropenkoller behaftet zu betiteln, denn wer kauft schon einen solchen Steinhaufen!

Nun, der Steinhaufen mit seinen fast meterdicken Mauern steht immer noch und die Großeltern fanden hier ein kleines Stück Afrika, da die rote Erde und der maurische Stil der weißen Häuser sie daran erinnerte. Es blieb gar nicht aus, dass die Insel mein Urlaubstraum wurde, dem Traum, auch einmal hier leben zu dürfen.
Es dauerte jedoch noch gute zehn Jahre, bis sich dieser Traum für mich erfüllte und voller Dankbarkeit schaue ich oft zu den Sternen, wo meine Eltern inzwischen die ewige Heimat gefunden haben.

Meine Inselgedichte sind überwiegend kritisch, fast schon Schimpfkanonaden über die gedankenlose Ausbeutung und Zerstörung eines kleinen Paradieses, der ich seit Jahren ohnmächtig zuschauen muss. Mein Anliegen ist, dass möglichst viele Menschen erkennen mögen, dass unsere Nachkommen keine urigen Plätze mehr auf der Welt finden werden, wenn wir es so weitertreiben. Und wenn Sie, liebe Besucher meiner Inselgedichte, mir dabei helfen, so habe ich schon etwas bewirkt.
Deshalb auch hier ein großes Dankeschön.

Ihre ruth-ursula

Inselgedichte:


INSELHERZ

Auch diese Insel hat ein Herz,
das manchmal nicht ganz regelmäßig schlägt.
Dann braucht es, wie auch jeder Mensch,
dass jemand da, der es mit Liebe pflegt.
Wer keine Rücksicht nimmt,
kann jetzt nur schaden.
Er sollte lieber heut schon geh´n -
und sollte besser in der Südsee baden.
Wie lang? Das wird er dann schon sehn`n.
Kann sein, dass nun in ein, zwei Jahren
auch dort das Inselherz erkrankt
und alles das, was er schon hier erfahren
in Bali oder sonst wo angelangt.
Er wird dann weiter reisen müssen
auf Suche nach dem Paradies;
vielleicht wird er dann eines Tages wissen:
Es war grad das, was er verließ.

KEIN VOGEL SINGT

Kleine Wölkchen - Sonnenstrahlen,
die auf den Wiesen Muster malen.
Vom leisen Windhauch leicht beschwingt
im Mandelbaum ein Vogel singt.
Er singt, weil er nach vielen Stunden
endlich ein Stückchen Welt gefunden,
wo niemand ihn brutal vertreibt.
Er baut sein Nest, er singt und bleibt.
Doch eines Tag’s geschieht es wieder,
es lassen Menschen sich dort nieder,
woll’ n ihre Welt realisieren,
bau’n Häuser und urbanisieren.
Kleine Wölkchen - Sonnenstrahlen,
die auf Fassaden Muster malen,
von hohen Mauern ganz umringt.
Kein Mandelbaum - kein Vogel singt.


DIE SONNE WEINT

Ich mein, die Sonne müßte sich verstecken,
wenn sie am Tag entdeckt,
was hier geschieht.
Dass auf der Insel in den allerschönsten Ecken
Beton und Marmor große Kreise zieht.

So manchen Baum, den sie hier kannte,
sucht sie vergebens,
da man ihn gefällt,
und dort, wo es im Sommer dann mal brannte,
steh´n Luxushäuser aus der andren Welt.

Sie sucht auf Hügeln und in Schluchten
nach Schafen, die dort friedlich grasen
und findet in den schönsten Buchten
Asphalt, auf dem die Autos rasen.

Sie sucht, was war
und kann nichts finden,
der Mensch in seiner Gier hat es verbaut.
Die Schönheit dieser Insel darf doch nicht verschwinden -
denkt sie, wenn sie
auf uns herunter schaut.

Kann sein,
der Morgentau sind ihre Tränen,
obwohl sie uns am Tage fröhlich lacht.
Doch wird sie nachts im All erwähnen,
was man hier aus der Insel macht.

NOSTALGIE

Verträumte Hügel und Olivenbäume,
dann riesengroße Zwischenräume
mit Feldern und den Steinterrassen,
den Häusern, die zur Insel passen.
Landwege, Palmen, Mandelbäume
und nirgends Mauern oder Zäune.
Eiserne Täler, tiefe Schluchten,
urhafte Schönheit aller Buchten.
Die Feigenbäume dicht am Meer
mit Stränden, die fast menschenleer.
Schafherden mit dem Hirtenhund,
die Häuser weiß und nicht so bunt.
Bäuerinnen in den Trachten,
du winktest ihnen und sie lachten.
Das alles gibt’s nur noch zum Teil
und fragt man mich warum? Nun weil -
nichts auf dieser Welt so bleibt
wie es mal war und weitertreibt.


GROßE SCHWÜLE

Das ist die Zeit, wo aus allen Ritzen
Bataillonen von Ameisen aufmarschieren,
als rasende Krümel über die Tische flitzen,
sich in Garten, Haus und überall amüsieren.

Das Wasser kommt warm aus allen Hähnen.
Man duscht und fängt gleich wieder an zu kleben,
das Haar ist stets feucht und hängt in Strähnen.
Da möchte man lieber als Eskimo leben.

Im August fühlt man sich nackt noch sehr bekleidet
tropft vor sich hin, wie nicht recht klug,
schleicht nur herum, schläft schlecht und leidet
und hat plötzlich vom südlichen Sommer genug.


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