Satire Seite 2
Die satirische Seite von Ruth Ursula Westerop
ZEHN JAHRE STEUERFREI
Das Gemeindeamt hat Schulden in Millionenhöhe beim E-Werk, bei den Bauunternehmen, bei den Arbeitern des Gartenbauamtes, der Müllabfuhr, der Telefongesellschaft und überhaupt. Das hatte ich gerade in der Zeitung gelesen.
Als ich danach am späten Abend mein “Realbewusstsein“ ausgeknipst ” und mich in die Horizontale begeben hatte, schwebte über meine Traumbühne folgendes Theaterstück:
Es muss wohl ein Vormittag irgend eines Wochentages gewesen sein, dass ich mich auf den Weg, des für mich zuständigen Gemeindeamtes machte, um mich der steuerlichen Bringschuld zu entledigen.
Auf dem Gemeindeparkplatz entdecke ich doch da seltsamerweise einen Parkwächter, der in sichtbar ungeübter Art mit wirren Handzeichen die an- und abfahrenden Fahrzeuge und deren Fahrer völlig konfus macht.
Ein echtes Autoknäuel hat sich inzwischen gebildet, aus dessen Verknotungen sich niemand mehr befreien kann und schon höre ich die erbosten Rufe eines Eingeklemmten:
“Mann, Du hast ja wohl ’ne Luftblase im Hirn! Lass Dir das Lehrgeld als Parkwächter zurückgeben!”.
Wie von der Tarantel gestochen stürzt daraufhin der Wächter zu dem Wüterich und schreit:
”Lesen Sie denn keine Zeitung ?! Ich bin nicht der Parkwächter! Ich bin der Ratsherr für Verkehr und Touristik! Wir haben eine Menge Leute entlassen müssen, nur weil Sie, verehrter Herr, noch immer nicht Ihre Steuern bezahlt haben!”
Die ziemlich schrille Tonlage der Auseinandersetzung noch im Ohr, betrete ich die Halle des Amtsgebäudes, irre von geschlossene Tür zu verschlossener Tür entlang richtungsweisender Pfeile und stelle fest, dass ich mich wohl im Kreise bewege, denn zweimal bin ich schon beim Eingangsportal gelandet. Da entdecke ich, hatte ihn vermutlich völlig übersehen, einen Schalter mit der Aufschrift INFORMATION UND PFÖRTNER, hinter dem mir tatsächlich auch ein Pförtner entgegenblickt.
“Bitte, können Sie mir sagen, wo ich hier meine steuerlichen Abgaben einzahlen kann?” “Tja, meine Dame,“ so antwortet mir der gute Mann doch glatt “das weiss ich doch gar nicht“. “Wie, das wissen Sie nicht?! Sind Sie denn nicht der Pförtner und für Auskünfte zuständig?!” Daraufhin belehrt mich der Mann in väterlichem Ton: “Sehn Sie, das ist so: Wir haben hier wegen der hohen Verschuldung fast das gesamte Personal entlassen müssen und da müssen wir jetzt eben dafür selbst einspringen. Ich bin nämlich nicht der Pförtner, sondern der Bürgermeister und muss mich auch erst so allmählich hier einarbeiten. Sie können aber mal da draußen den Mann mit der grünen Schürze, der da gerade als Gärtner tätig ist, fragen, denn das ist der Präsident und der weiss über die finanziellen Belange der Gemeinde am besten Bescheid. Lassen Sie sich aber zu keiner Barzahlung hinreißen, denn sonst geht das für Tomatenpflanzen drauf.”
Als ich nun vor dem “grünen Präsidenten” stehe, legt der seinen Arm um meine Schulter und flüstert mir ins Ohr: “Wenn Du mir von den zwanzigtausend, die Du an Gemeindesteuern zahlen musst, zehntausend für meine Tomaten gibst und den Rest dann auf das Konto meiner verstorbenen Tante einzahlst, dann streichen ich Dich aus der Steuerliste und für die nächsten zehn Jahre bist Du steuerfrei.”
Gerade als ich dann nach der Kontonummer der toten Tante fragen will, da fährt doch eine ganze Horde von Radfahrer mit lautem Geklingel an uns vorbei.
Na ja, und das war dann mein laut rappelnder Wecker.
WARTESCHLEIFE
Eine Schleife ist normalerweise ein schmückendes, lustiges Zubehör für Zöpfe, Festdekorationen und Geschenke. Könnte man einfach so stehen lassen, wenn nicht - - - ja, wenn es nicht die Warteschleife gäbe, die sich zur Ausgeburt wahrer Jähzornanfälle präsentiert.
Also, da möchte man z.B. nur mal schnell eine Auskunft zu irgendeinem technischen Problem bei dem zuständigen Telefon- und Internetanbieter und kriegt eigentlich schon feuchte Hände, bevor man die entsprechende Nummer gewählt hat, da man sich noch gut an den Wutanfall erinnern kann, den man bei diesem Vorhaben vor einigen Tagen hatte.
Es fängt ganz harmlos an, denn beim Einwählen der erforderlichen Nummer wird man ganz freundlich von einer angenehmen Frauenstimme mit seinem Namen begrüßt und danach im Schnellsprechmodus mit der Auswahl diverser Nummern konfrontiert, die man im Bedarfsfalle wählen sollte. Zumeist geschieht das alles im sprachlichen Zeitraffer, so dass man oft die Leitung unterbricht, um sich erneut einzuwählen, damit man nun auch verstehen kann, ob Nummer 1, 2, 3, 4 ,5 oder 6 im vorliegeden Falle zuständig wäre.
Den technischen Beratungsdienst erreiche ich also unter der Nummer 4, so habe ich verstanden, nachdem eine Kaskade von Wörtern, wie Kundendienst, Neuanschlüsse, DSL-Verträge, Rechnungsabteilung und endlich auch der technische Service, durch den Hörer flitzen. Nach der eingegebenen 4 kommt dann die musikalische Untermalung, zwecks Ruhigstellung der Nerven, und so beginn ich auf der Warteschleife zu kreisen....
Zwischendurch kommen scheibchenweise verbale Trostpflaster:
“Bitte, legen Sie nicht auf - warten Sie - wir verbinden Sie”
und ich beginne nach zehn Minuten mit Männchen und Blumengirlanden den Notizblock zu bekritzeln.
Der Kugelschreiber fällt runter, ich bücke mich und schlage den Kopf an der Tischkante, da ich krampfhaft mit dem Telefonhörer verwachsen bin. Ein Blick auf die Armbanduhr schlägt Alarm, dass ich bereits 20 Minuten wie blöde auf der Schleife hänge. Dann beginnt auch schon innerlich mein Zähler für die Sprecheinheiten, die ja eigentlich Stummeinheiten sind, zu rasseln und es bleibt nicht aus, dass ich nun mit mir selbst in den Clinch komme: “Wenn ich jetzt auflege, dann muss ich die ganze Ochsentour noch mal von vorne beginnen und wenn ich nun weiter rumschleife, dann wird das jetzt teuer.“
Und was macht man? Man bleibt weiter auf der Schleife hängen und wird entweder zum langsam siedenden Kessel oder verfällt in eine schläfrige Apathie. Da kann es sein, wenn man Glück hat, dass eine sonore Männerstimme plötzlich ertönt und nach dem technischen Befinden meiner Internetverbindung fragt. Nachdem ich so gut, wie es mein Vastehste ermöglicht, das Problem geschildert habe, stellt sich heraus, dass man mir nur helfen könne, wenn ich auch über einen DSL-Anschluss verfügte, was leider nicht der Fall ist.
Der Rat, der so angenehmen Männerstimme, war dann der, dass ich doch bitte noch mal anrufen möge und das dann mit einem Handy. Mein Aufschrei “Fünfundzwanzig Minuten oder mehr mit einem Handy?! Das kann doch keiner bezahlen!”, erreichte gar nicht mehr das Gegenüber, denn es machte Klick und runter war ich von der Schleife und deren Verbindung.
Vielleicht ganz gut so, dass ich dann mit mir und meinem Wutanfall alleine war, denn es gab einfach keine Möglichkeit, die Warteschleife kurz und klein zu reißen.
Wenn ich jetzt bedenke, wie schnell und gut man mit Telefoneinheiten verdienen kann, wenn man die Anrufer ganz einfach auf die Warteschleife packt, dann überlege ich schon mal, ob ich nicht auch mit der Telefongesellschaft eine geschäftliche Abmachung treffe, so fifty - fifty, wenn ich meine Anrufer auch ganz einfach “schleifen” lasse. Das wär doch ein warmer Regen in die Haushaltskasse, allerdings würden selbst meine Freunde dann nicht mehr mit mir telefonieren wollen.
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